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Reformationstag

Exkursion: Reformationstag

Exkursionen

Exkursionen sind Spaziergänge fürs Gehirn. Es geht darum, in den gewohnten Denkbahnen Differenzen zu erzeugen und Platz zu schaffen. Dazu braucht es Bewegung, von Hauptsachen zu Nebensachen, von der Peripherie ins Zentrum und umgekehrt. Hier sind Impulse jeweils um ein Fest des Kirchenjahres gruppiert.

Schreiben:

Οὐ γὰρ ἐπαισχύνομαι τὸ εὐαγγέλιον, δύναμις γὰρ θεοῦ ἐστιν εἰς σωτηρίαν παντὶ τῷ πιστεύοντι, Ἰουδαίῳ τε πρῶτον καὶ Ελληνι: δικαιοσύνη γὰρ θεοῦ ἐν αὐτῷ ἀποκαλύπτεται ἐκ πίστεως εἰς πίστιν, καθὼς γέγραπται, Ὁ δὲ δίκαιος ἐκ πίστεως ζήσεται. (Röm 1, 16+17)

Denken:

Im Oktober feiern evangelische Christen das Reformationsfest. Sie erinnern sich daran, wie Martin Luther dazu ermutigt hat, selbst dem Wort Gottes in der Heiligen Schrift nachzuspüren und sich direkt der Gnade Gottes anzuvertrauen. Das stärkt die Freiheit der Einzelnen, hat jedoch auch eine Kehrseite. Wer die Freiheit großschreibt, darf sich über Vielfalt und Separatismus nicht wundern. Dass man Kirche nur in Gemeinschaft leben kann, gerät manchmal aus dem Blick. Ab und zu spiele ich mit dem Gedanken, wie es wäre, den vier Kernsätzen der Reformation einen fünften hinzuzufügen: allein in der Gemeinschaft. (Nikolaus Schneider)

Denken:

[…]Heute ist Reformationsfest, ein Tag, der einen gerade in unseren Zeiten wieder sehr nachdenklich machen kann. Man fragt sich, warum aus Luthers Tat Folgen entstehen mussten, die genau das Gegenteil von dem waren, was er wollte, und die ihm selbst seine letzten Lebensjahre verdüstert haben und ihm manchmal sogar sein Lebenswerk fraglich werden ließen. Er wollte eine echte Einheit der Kirche und des Abendlandes, d.h. der christlichen Völker, und die Folge war der Zerfall der Kirche und Europas; er wollte die „Freiheit des Christenmenschen“ und die Folge war Gleichgültigkeit und Verwilderung; er wollte die Aufrichtung einer echten weltlichen Gesellschaftsordnung ohne klerikale Bevormundung und das Ergebnis war der Aufruhr schon im Bauernkrieg und bald danach die allmähliche Auflösung aller echten Bindungen und Ordnungen des Lebens. Ich kann mich aus  meiner Studentenzeit an eine Auseinandersetzung zwischen Holl und Harnack erinnern, ob die großen geistesgeschichtlichen Bewegungen sich durch ihre primären oder ihre sekundären Mittel durchsetzen. Damals glaubte ich Holl, der das erste behauptete, müsste Recht haben. Heute denke ich, dass er unrecht hatte. Kierkegaard hat schon vor 100 Jahren gesagt, dass Luther heute das Gegenteil von dem sagen würde, was er damals gesagt hat. Ich glaube, das ist richtig – cum grano salis. (Dietrich Bonhoeffer, Tegel, 31.10. 1943)

Singen:

Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten. Denn du unser Gott alleine.