Der Lobgesang des Osterlichtes gehört traditionell in die Osternacht. Das Exsultet in den Zusammenhang einer liturgisch-szenischen Einrichtung zu bringen, bedeutet, ein altes liturgisches Stück szenisch zu öffnen für Mehrstimmigkeit. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, diesen Text, der für heutige Ohren befremdlich bis in die religionsgeschichtlichen Tiefen der griechischen Tragödie hinabreicht (Jan Kott), im Vollzug zu demokratisieren.

Dazu braucht es zwei Dimensionen. Die erste besteht darin, den Gesang auf mehrere SängerInnen zu verteilen. Hierzu werden die responsif angelegten Teile als solche ernst genommen und realisiert. Die zweite verteilt die auf diese Weise entstehenden zwei Solisten, eine Schola und die Gemeinde den jeweiligen architektonisch-liturgischen Gegebenheiten entsprechend räumlich auf und dies möglichst auf eine Weise, die die Gemeinde mithineinnimmt.

Nicht realisiert
Siehe auch Blog I Dietrich Sagert, Eintrag vom 25.11.2019

(I) Ein/e Sänger/in steht an der Osterkerze
(II) Ein/e Sänger/in steht am Altar (eine der beiden Solisten sollte eine Frau sein)
(C) Eine gemischte Schola steht hinter der Gemeinde (je nach Architektur)
(A) Als Gemeinde singen alle anwesenden zusammen
 
(I)
Frohlocket nun, ihr Engel und himmlischen Heere; frohlocket, ihr Wunderwerke Gottes; hell töne, Posaune des Heiles, und preise den Sieg des ewigen Königs. Es freue sich auch die Erde, erhellt vom strahlenden Lichte, und, vom Glanze des ewigen Königs erleuchtet, erkenne sie, wie aller Enden die Finsternis von ihr gewichen.
(II)
Es freue sich auch die Kirche im herrlichen Glanze solchen Lichtes, und der Lobgesang ihrer Kinder erfülle das Haus unseres Gottes. Darum, meine Lieben, die ihr beim Scheine des Osterlichtes zugegen seid, rufet mit mir an die Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes, dass er, der uns zu der Schar seiner Kinder hinzugezählet hat, uns mit der Klarheit seines Lichtes erfülle und unser Loblied gnädig annehme.
(C)
Durch Jesum Christum, seinen Sohn unseren Herren, der mit ihm und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit.
(A)
Amen.
(II)
Der Herr sei mit euch.
(A)
Und mit deinem Geiste.
(II)
Erhebet die Herzen.
(A)
Wir erheben sie zum Herrn.
(II)
Lasset uns danken dem Herrn, unserm Gott.
(A)
Das ist würdig und recht.
(I)
Wahrhaft würdig ist es und recht, den unsichtbaren Gott, den allmächtigen Vater und seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn Jesus Christus, mit aller Glut des Herzens und Geistes zu rühmen und mit jubelnder Stimme zu preisen.
(II)
Es hat für uns beim ewigen Vater die Schuld getilgt, die seit Adam auf uns liegt, und hat die alte Schuldschrift gelöscht mit seinem heiligen Blut.
(C)
Dies ist das Fest der Ostern:
(II)
Christus ist geopfert als wahres Passahlamm, dessen Blut die Türen zeichnet zum Schutz der Gläubigen.
(C)
Dies ist die Nacht,
(II)
In der du unsere Väter im Glauben, dein Volk Israel aus Ägypten geführt und trockenen Fußes durch das Rote Meer geleitet hast.
(C)
Dies ist die Nacht,
(I)
in der uns die Feuersäule Gottes aus dem Dunkel der Welt herausführt.
(C)
Dies ist die Nacht,
(I)
die heute ringsum auf Erden alle, die an Christus glauben, scheidet von den Lastern der Welt und dem Elend der Sünde, die heimführt zur Gnade und einfügt in die Gemeinschaft der Heiligen.
(C)
Dies ist die Nacht,
(II)
in der Christus die Fessel des Todes zerriss und aus der Tiefe als Sieger emporstieg. Was nützte es uns, geboren zu werden, wären wir nicht erlöst! Wie wunderbar ist das Geschenk deiner Treue, wie unbegreiflich deine Liebe: Um den Knecht zu befreien, gabst du den Sohn dahin. Selbst Adams Sünde wurde zum Segen, Christi Tod hat sie vernichtet. O glückselige Schuld, die einen solchen Erlöser gefunden hat!
(C)
O wahrhaft selige Nacht,
(I)
der allein es vergönnt war, Zeit und Stunde zu erleben, in der Christus von den Toten erstanden ist.
(C)
Dies ist die Nacht, von der geschrieben steht:
(I)
Die Nacht wird hell wie der Tag, als strahlendes Licht wird die Nacht mich erfreuen.
(II)
Diese heilige Nacht vertreibt den Frevel, sie wischt ab die Schuld. Den Sündern gibt sie zurück die Unschuld und den Trauernden Freude. Sie vertreibt den Hass, schafft Frieden und Eintracht, und beugt die Gewalten.
(C)
In dieser gnadenvollen Nacht nimm an, himmlischer Vater, diesen festlichen Gesang, der dir dargebracht wird im Lobpreis dieser Kerze!
(II)
So haben wir nun das Lob dieses österlichen Lichtes vernommen, das entflammt wurde durch das lodernde Feuer zur Ehre Gottes. Wenn es auch vielfach geteilt ist, wurde dabei seine Leuchtkraft nicht gemindert, wird sie doch ständig genährt vom schmelzenden Wachs, das die mütterliche Biene für diese kostbare Kerze bereitet hat.
(C)
O wahrhaft selige Nacht, die einst die Ägypter arm und die Hebräer reich machte, in der irdisches Wesen mit himmlischem und menschliches mit göttlichem Wesen verbunden wird.
(I)
So bitten wir dich nun, Herr, lass diese Kerze ungemindert weiter brennen, die wir dir gewidmet haben zur Ehre deines Namens. Sie verbanne das Dunkel dieser Nacht, werde aufgenommen als lieblicher Opferduft und mische sich unter die Lichter am Himmel. Sie leuchte noch, wenn der Morgenstern kommt, jener Morgenstern, der keinen Untergang mehr kennt:
(C)
Christus, dein Sohn der zurückgekehrt ist aus dem Reich des Todes und mit hellem Licht die Menschen erleuchtet: er, der lebt und regiert in alle Ewigkeit.
(A)
Amen.
 
Text: VELKD (Hg.), Passion und Ostern, Leipzig 2011; dort finden sich auch die Noten.
Fassung: Dietrich Sagert